Sie pflegen Mutter oder Vater zu Hause? Respekt! Schließlich erledigt sich häusliche Pflege und Betreuung nicht einfach so nebenbei. So reiben sich pflegende Angehörige häufig auf – zwischen Job, Pflege und eigener Familie. Um diese Doppelbelastung abzumildern, wurde das Pflegezeitgesetz gemacht: Wie funktioniert diese zeitweise Freistellung von der Arbeit genau?
Was ist das Pflegezeitgesetz?
Das Pflegezeit-Konzept ruht auf mehreren Säulen: Arbeitgebern, Pflegekassen und Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA). Seit dem 1. Januar 2015 in Kraft, besagt § 3 Pflegezeitgesetz (PflegeZG), dass Beschäftigte „von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen (sind), wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen“.
Wieviel Pflegezeit ist möglich?
Das Pflegezeitgesetz verschafft Ihnen Luft! Denn als naher Angehöriger, der ein Familienmitglied daheim in München pflegt, können sich für bis zu sechs Monate von der Arbeit freistellen lassen. Ob Sie dabei Ihre Arbeitszeit nur reduzieren oder komplett im Job pausieren, hängt nicht zuletzt davon ab, wie viel Zeit und Kraft diese häusliche Pflege beansprucht. Pflegezeit in mehrere Abschnitte aufteilen und nach Bedarf nutzen? Ist leider nicht möglich. Und dies pro pflegebedürftigem Angehörigen auch nur einmal, so ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 9 AZR 348/10). Oft verbringen hochbetagte Familienmitglieder die letzte Lebensphase zu Hause im Kreise der Familie: Um einen Sterbenden zu begleiten, sind zusätzliche drei Monate Pflegezeit vorgesehen – auch dann, wenn derjenige nicht daheim, sondern in einem Hospiz seine letzten Tage verlebt.
Was, wenn die Pflegezeit vorzeitig endet?
Ist ein Angehöriger nicht länger pflegebedürftig oder lässt sich eine häusliche Pflege nicht realisieren oder ist nicht zumutbar, endet diese vier Wochen nach Eintritt der veränderten Situation. Dies kann der Fall sein, wenn das Familienmitglied stirbt, aber auch bei frühzeitiger Genesung. Zuweilen ist ein Umzug ins Pflegeheim unvermeidlich – oder es fehlen schlicht die finanziellen Mittel, um die Pflege zu Hause trotz Leistungen wie Pflegegeld oder Pflegesachleistungen zu bezahlen. Endet die Pflegezeit vorzeitig, ist dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen.
Was ist mit kurzzeitiger Arbeitsverhinderung gemeint?
Nicht selten tritt Pflegebedürftigkeit plötzlich ein: Gem. § 2 PflegeZG stehen Ihnen als Angehörigem – ungeachtet der Betriebsgröße – zehn Tage kurzzeitiger Arbeitsverhinderung bei Lohnersatzleistung durch die Pflegeversicherung zur Verfügung. Im Akutfall können Sie sich für ganze zehn Tage am Stück freistellen lassen. Doch häufig macht es mehr Sinn, diese Tage einzeln zu nehmen – durch den Gesetzgeber so angedacht. Nicht nur die Mutter, sondern auch der Vater werden pflegebedürftig? Müssen Sie die Pflege eines weiteren Familienmitglieds organisieren, können Sie als Arbeitnehmer erneut zehn Tage Freistellung in Anspruch nehmen. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung gibt Ihnen Zeit, bedarfsgerechte Versorgung in die Wege zu leiten.
Was ist bei längerer Familienpflegezeit zu beachten?
Dass und wie lange Sie voraussichtlich ausfallen, sollten Sie Ihrem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen. Ist eine lange Freistellung geplant, müssen Sie diese spätestens zehn Arbeitstage vor Freistellungsbeginn schriftlich ankündigen. Die Freistellung für Familienpflegezeit darf pro pflegebedürftigem Angehörigen maximal 24 Monate betragen. Hier haben Sie das Recht, Ihre Arbeitszeit auf 15 Stunden die Woche zu reduzieren – auch, wenn Sie einen minderjährigen Angehörigen zu Hause pflegen oder außerhäuslich betreuen. Außerdem genießen Sie auch bei langer Pflegezeit Kündigungsschutz, beginnend maximal zwölf Wochen vor dem angekündigten Start der Familienpflegezeit.
Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber?
Kehren Sie nach der Pflegezeit wieder an Ihren Arbeitsplatz zurück, verbrieft das Pflegezeitgesetz Ihr Recht, Ihre Arbeit im vorherigen Umfang wieder aufzunehmen. Möchten Sie Ihre Arbeitszeit lediglich reduzieren, treffen Sie dazu eine schriftliche Vereinbarung mit Ihrem Chef. Treten Sie bei Vollzeitpflege sechs Monate Pflegezeit an, genügt es, wenn Sie Ihren Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage im Voraus darüber informieren.
Wer gilt gem. Pflegezeitgesetz als naher Angehöriger?
Sie pflegen nicht Ihre betagten Eltern, sondern haben ein pflegebedürftiges Kind? Muss Ihr Kind ins Krankenhaus, können Sie es im Rahmen von Pflegezeit begleiten und dort betreuen. Laut Pflegezeitgesetz gelten als nahe Angehörige
– Eltern
– Großeltern
– Schwiegereltern
– Stiefeltern
– Kinder (Adoptiv- und Pflegekinder eingeschlossen)
– Enkelkinder
– Partner wie Ehepartner oder Lebenspartner
– Kinder von Ehepartner oder Lebenspartner
– Geschwister und deren Partner
Wer hat Anspruch auf Pflegezeit?
Streng betrachtet, haben Beamte keinen Anspruch auf Pflegezeit, weil für sie spezielle Regelungen bei (kurzzeitiger) Arbeitsverhinderung gelten. Auch Mitarbeiter kleiner Unternehmen mit maximal 15 Beschäftigten gehen leer aus: Fallen Sie darunter, müssen Sie die gewünschte Freistellung individuell mit Ihrem Chef aushandeln. Sie sind selbstständig? Unternehmer fallen zwar ebenfalls durchs Pflegezeit-Raster, aber keine Regel ohne Ausnahme. Pflegezeit nutzen können demnach auch:
– Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, die auch Gesellschafter sind
– Handelsvertreter
– bestimmte Freiberufler
– Heimarbeiter
Als arbeitnehmerähnliche Selbständige gelten auch sie als Beschäftigte. Trifft dies auf Sie zu? Arbeitnehmerähnlich selbständig ist, wer maximal fünf Sechstel seiner Einnahmen pro Jahr durch den selben Auftraggeber generiert. Nicht zu verwechseln mit Scheinselbstständigen (wie z. B. illegalen 24-Stunden-Pflegekräften), die nur für einen einzigen Arbeitgeber tätig sind! Im Gegensatz zu diesen sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige nicht an Weisungen gebunden, können Aufträge nach eigenem Ermessen ausführen sowie Arbeitsort und Arbeitszeit selbst bestimmen. Dabei beschäftigen sie keine sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter, sondern zahlen selbst Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung. Gewusst? Auch Praktikanten und Volontäre, so genannte zur Berufsbildung Beschäftigte, haben ein Anrecht auf Pflegezeit.
Wie stellen Sie einen Antrag auf Freistellung?
Der Anspruch auf Pflegezeit ist – wie jeder Antrag in Deutschland – zu begründen und zu belegen. Behandelnder Arzt und/oder Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) bescheinigt das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit.
Welche Optionen der Finanzierung bietet Ihnen das Pflegezeitgesetz?
Anders als dann, wenn Sie selbst krank sind, gibt es während der Pflegezeit keine Fortzahlung von Lohn oder Gehalt – es sei denn, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag regeln eine Lohnfortzahlung bei Pflegezeit. Doch wie die Pflegezeit ohne finanzielle Mittel überbrücken? Auf Antrag bewilligt das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) Ihnen ein zinsloses Darlehen. Dies gilt auch für Beschäftigte, die für ein Unternehmen mit höchstens 15 Mitarbeitern arbeiten – und unabhängig von der Dauer der Pflegezeit. Schriftlich beim BAFzA zu beantragen, wird das Darlehen in monatlichen Raten gezahlt. Beträge von der Hälfte des durchschnittlichen Nettolohns, die den Entgeltverlust während der Freistellungen nicht ausgleichen. Nicht zuletzt deshalb, weil dabei stets nur mit einer fiktiver Arbeitszeit von höchstens 15 Wochenstunden gerechnet wird – auch dann, wenn Sie komplett freigestellt sind. Nach Ende der Freistellung ist das Darlehen monatlich zurückzuzahlen. In Härtefallen – z. B. beim Bezug von ALG 1 oder 2 – ist eine Stundung möglich.
Was ist Pflegeunterstützungsgeld?
Ihr Arbeitsvertrag sieht vor, dass Sie bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung kein Geld bekommen? Richten Sie einen Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld an die zuständige Pflegekasse Ihres Angehörigen. Diese springt dann für zehn Tage mit der Zahlung von mindesten 90 Prozent Ihres Nettolohns bzw. Nettogehalts ein. Aber Achtung: Dieses Pflegeunterstützungsgeld darf pro Kalendertrag nicht 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung überschreiten (vgl. § 223 Abs. 3 SGB V). Diese Grenze beträgt brutto für 2021/2022
– pro Tag 161,25 Euro
– pro Monat 4.837,50 Euro
– pro Jahr 58.050 Euro
Beträge, von denen Ihnen höchstens 70 Prozent gezahlt werden (pro Tag also 112,88 Euro von 161,25 Euro). Außerdem sind aus dem Pflegeunterstützungsgeld – genauso wie bei Lohn oder Gehalt – Beiträge zur Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung zu zahlen. Die eine Hälfte dieser Beiträge zahlt die Pflegekasse bzw. private Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen, Sie als Leistungsempfänger die andere.
Noch mehr Details zu Pflegezeit und Familienpflegezeit erfahren? Das Bayerische Staatsministerium für Familie informiert dazu unter:
Weitere Informationen zum Pflegezeitgesetz finden Sie außerdem auf:
– https://www.bafza.de/programme-und-foerderungen/familienpflegezeit
– https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/broschuere-bessere-vereinbarkeit-von-familie-pflege-und-beruf-76070
Das Pflegezeitgesetz – geeignet, um Beruf und familiäre Pflege besser zu vereinbaren?
Je mehr Pflege und Betreuung Angehörige leisten, desto weniger Kosten entstehen den Pflegekassen. Denn diese können sich zwar von der Arbeit bis zu 24 Monate freistellen lassen, aber bekommen nur für die ersten zehn Tage einen Ausgleich für Lohn oder Gehalt. Der Rest der Pflegezeit muss über ein Darlehen finanziert werden. Zu wenig, um den gewohnten Lebensstandard während der Pflegezeit und der anschließenden Rückzahlung des Darlehens zu halten! Doch was ist mit dem Pflegeld? Dessen Höhe ist allenfalls als gewisse materielle Anerkennung der anstrengenden, zeitintensiven Pflege zu werten, die durch nahe Verwandte geleistet wird. Gar nicht zu reden davon, dass so mancher Pflegebedürftige nach 24 Monaten weiterhin Hilfe braucht.
Tatkräftige Unterstützung für die häusliche Pflege gesucht?
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