Zweites Pflegestärkungsgesetz (PGS II): Pflegebedürftigkeit neu denken!

Zweite Pflegestärkungsgesetz
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Pflege zukunftsfest gestalten: Das zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG) als umfangreichste Modernisierung seit Einführung der Sozialen Pflegeversicherung, hat das Pflegesystem neu aufgestellt – mit grundlegenden Verbesserungen für Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegepersonal. Seit 2017 in Kraft, schließt das PSG II an das seit 2015 geltende PSG I an. Pflege-Leistungen, besonders für die häusliche Pflege, wurden ausgeweitet. Vor allem aber brachte das PSG II die dringende Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Was ist damit gemeint – und wie profitieren Sie als Betroffene?

Was ist Pflegebedürftigkeit gem. PSG II?

Das PSG II beantwortet diese Frage neu, mit einem zeitgemäßen Pflegebedürftigkeitsbegriff (§ 14 und § 15 SGB XI) – und entsprechenden Konsequenzen für das Begutachtungsverfahren Pflegebedürftiger. Nun fragt Begutachtung:

– Welche individuellen Bedürfnisse hat dieser Mensch?
– Welche persönlichen Beeinträchtigungen bestehen?
– Wie selbstständig ist der Pflegebedürftige noch, mit welchen Fähigkeiten und Fertigkeiten?

Spielten früher hauptsächlich körperliche Beeinträchtigungen bei der Zuordnung zu einer Pflegestufe (nun Pflegegrad) eine Rolle, berücksichtigt das PSG II nun verstärkt auch psychische und kognitive Einschränkungen. Von dieser neuen Sichtweise profitieren nun endlich auch Pflegebedürftige mit Demenz – durch gleichberechtigten Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung. Dazu erfasst ein reformiertes Begutachtungsassesment (NBA) die persönliche Pflege- und Lebenssituation. Das Ziel: Menschen gezielter versorgen, Restfähigkeiten erhalten, Alltagsselbstständigkeit stärken – durch passgenauere Hilfen als bisher. Das PSG II holt Demenzkranke aus der Pflegestufe 0, wo diese leistungsmäßig nahezu leer ausgingen. Mit gutem Grund, denn nicht nur körperlich Eingeschränkte, auch geistig Behinderte, psychisch Kranke und Demenzkranke sind oft nur begrenzt selbstständig.

Wie funktioniert das neue System der Pflegebegutachtung?

Fünf Pflegegrade haben die bisherigen drei Pflegestufen ersetzt. Wer bereits eine Pflegestufe hatte, wurde automatisch dem passenden Pflegegrad zugeordnet – ohne eine erneute Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der gesetzlichen Krankenkassen (MDK) bzw. durch Medicproof als Privatversicherter. Pflegegrad 1 beispielsweise gilt für Menschen ohne größeren Unterstützungsbedarf. Etwas, das sich mit zunehmendem Alter jederzeit ändern kann. Weshalb dieser Personenkreis sehr wohl von Pflegeberatung und Wohnungsanpassung profitiert, um auch bei Pflegebedürftigkeit weiter zu Hause statt im Pflegeheim zu leben. So kann die demenzkranke Mutter, bisher Pflegestufe 2, im neuen Pflegegrad 4 – und Pflegebedürftige ohne eingeschränkte Alltagskompetenz mit der gleichen Pflegestufe in Pflegegrad 3 richtig aufgehoben sein. Kurz gesagt: Für Pflegegeld oder Pflegesachleistungen macht es keinen Unterschied mehr, ob jemand an Demenz leidet oder nicht!

Kommt der Gutachter von MDK oder Medicproof ins Haus, interessiert er sich jetzt gem. NBA für folgende sechs Kriterien, gewichtet nach Prozent:

1. Mobilität (10 Prozent)

Wie selbstständig kann sich der alte Mensch bewegen, die Körperhaltung ändern?

2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (7,5 Prozent)

Wie gut kann sich der Betroffene zeitlich und räumlich orientieren?
Kann er selbstständig Entscheidungen treffen – und seine Bedürfnisse anderen ausreichend mitteilen?

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (7,5 Prozent)

Hat der Betroffene psychische Probleme?
Wie häufig benötigt er fachliche Unterstützung zur Bewältigung?

4. Selbstversorgung (40 Prozent)

Wie selbstständig gelingt z. B. die Körperpflege?

5. Krankheits- oder therapiebedingte Belastungen (20 Prozent)

Welche Anforderungen existieren?
Wie geht der Betroffen mit den Belastungen um, kann er z. B. selbstständig einen Verband wechseln?

6. Alltagsleben und soziale Kontakte gestalten (15 Prozent)

Kann der Betroffene seinen Tagesablauf selbstständig planen?
Kann er noch Kontakte pflegen?

Abhängig von den Einschränkungen ergeben sich hier Bewertungskennzahlen, die dann einem der fünf Pflegegrade zugeordnet werden.

Wie hat sich das zweite Pflegestärkungsgesetz auf die Beiträge ausgewirkt?

Durch das zweite Pflegestärkungsgesetz erhalten Pflegebedürftige mehr Geld – und auch die Umstrukturierung zum neuen Pflegegrad-System und Begutachtungsassessment verursachte Kosten. Mit Inkrafttreten des PSG I in 2015 stieg der Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent (2,6 Prozent bei Kinderlosen), mit dem PSG II in 2017 um weitere 0,2 Prozentpunkte. 0,1 Prozentpunkte der Beitragserhöhung fließen bis 2035 in einen Pflegevorsorgefonds. Vorsorglich angespart, um dann die Pflegeleistungen der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge zu stemmen.

Wieviel Pflegegeld gibt es, je nach Pflegegrad?

Je nach Pflegegrad pro Monat erhalten Pflegebedürftige in

Pflegegrad 1 125 Euro*
Pflegegrad 2 316 Euro
Pflegegrad 3 545 Euro
Pflegegrad 4 728 Euro
Pflegegrad 5 901 Euro

Zu beachten ist, dass die Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Pflegegrad 1* nicht für Leistungen einer 24-Stunden-Pflegerin aus Osteuropa eingesetzt werden können, sondern nur von Pflegekräften mit deutscher Qualifikation. Ab Pflegegrad 2 hingegen können solche Leistungen der 24-Stunden-Pflege – wie durch Herz & Hand – über das Pflegegeld finanziert werden.

Welche Leistungen für die Pflege wurden durch das 2. Pflegestärkungsgesetz mit dem 1.1.2022 erhöht?

Zum 1. Januar 2022 wurden eine Reihe von Leistungen erhöht. Dies gilt auch für die Pflegesachleistungen – etwa, weil ein ambulanter Pflegedienst ergänzend zur 24-Stunden-Betreuung für die medizinische Behandlungspflege ins Haus kommt. Ab sofort gibt es für Pflegesachleistungen 5 Prozent mehr bzw. in

Pflegegrad 1 (kein Anspruch)
Pflegegrad 2 724 Euro
Pflegegrad 3 1.363 Euro
Pflegegrad 4 1.693 Euro
Pflegegrad 5 2.095 Euro

Um die Pflege zu Hause besser zu unterstützen, wurde auch die Kurzzeitpflege um zehn Prozent aufgestockt – von bisher 1.612 auf nun 1.774 Euro. Einen gesonderten Antrag müssen Sie dafür nicht stellen. Beachten Sie jedoch, dass Sie weiterhin nur den bisherigen Betrag von maximal 806 Euro auf die Verhinderungspflege (siehe auch Informationen zum PSG I) übertragen können. Auch der Antrag auf Pflegehilfsmittel wurde vereinfacht: Jetzt darf auch eine Pflegefachkraft, z. B. vom Pflegedienst, eine Verordnung ausstellen und den Antrag auf Hilfsmittel an die Pflegekasse weiterleiten. Außerdem wird auch häusliche Pflege digitaler: Kosten für digitale Pflegeanwendungen in Höhe von max. 50 Euro pro Monat werden übernommen – wenn eine App Pflegende und Pflegebedürftige bei der Pflege unterstützt; das 11. Sozialgesetzbuch (SGB XI § 40b) verbrieft diesen Anspruch. Und last but not least gibt es jetzt auch bei der kostspieligen Versorgung im Pflegeheim ein wenig Entlastung. Denn je länger der Angehörige im Pflegeheim lebt, desto höher der Leistungszuschlag (Eigenanteil) – wobei Unterkunft und Verpflegung noch nicht mitgerechnet sind. Der neue Zuschlag auf den Pflegeheim-Eigenanteil beträgt bei

– bis zu 12 Monaten 5 Prozent
– über 12 Monaten 25 Prozent
– über 24 Monaten 45 Prozent
– über 36 Monaten 70 Prozent

Nicht verwendete Gelder zu 40 Prozent für Entlastungsleistungen nutzen? Seit dem 1. Januar 2022 ist dafür kein Antrag mehr nötig. Außerdem dürfen Sie als pflegende Angehörige ab Pflegegrad 2 in der Steuererklärung für 2021 einen höheren Pflegepauschbetrag ansetzen. Auch Menschen mit Behinderung können diesen Pflegepauschbetrag geltend machen.

Warum profitiert besonders 24-Stunden-Pflege daheim durch das PSG II?

Wer in den vertrauten vier Wänden durch Angehörige oder durch eine osteuropäische Pflege- und Betreuungskraft versorgt wird, profitiert besonders durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz. Denn durch die neuen Pflegegrade und den reformierten Pflegebedürftigkeitsbegriff hat sich der Kreis der Menschen, die anerkannt pflegebedürftig sind, deutlich vergrößert. Umfangreiche Leistungen der Pflegeversicherung, die Sie als Angehörige nutzen können, um damit eine 24-Stunden-Pflegekraft aus Polen bzw. Osteuropa zu finanzieren, die mit dem Pflegebedürftigen in einem Haushalt lebt. Dank PSG II gilt all das nicht nur in der Altenpflege körperlich Eingeschränkter, sondern auch für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen wie Demenzkranke. Dies umfasst auch mehr Geld für Betreuungs- und Entlastungsleistungen, für Kurzzeitpflege, Tages- und Nachtpflege sowie Gründungszuschüsse für gemeinschaftliches Leben in Wohngruppen.

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